In den vergangenen Monaten haben sich die Mitglieder des Bauausschusses fast auf jeder Sitzung mit Schwarzbauten im Gemeindegebiet auseinandersetzten müssen.
Zum Teil wurden diese widerrechtlich errichteten oder größer als genehmigten Baumaßnahmen erst Jahre nach der Fertigstellung im Rahmen von Kontrollen durch das Landratsamt entdeckt. Und wie man der Presse entnehmen kann, beschränkt sich dieses Problem nicht nur auf Stephanskirchen. Insbesondere im Mangfalltal gab es in der letzten Zeit Vorfälle, und immer wieder sind sogar Kommunalpolitiker in solche Vorfälle verwickelt. In unserer Gemeinde schlug zuletzt ein Fall aus Baierbach so hohe Wellen – dass das OVB gleich zwei mal darüber berichtete (25.1.22 und 25.2.22).
Was ist geschehen? Vor über 10 Jahren wurde vom Gemeinderat die Veränderung eines Anbaus genehmigt. Aber erst in diesem Jahr stelle sich im Rahmen einer Begehung des Landratsamt heraus, dass dieser Anbau knapp 50 qm größer ist, als seinerzeit genehmigt. So auch eine neue Garage, die 27qm größer ist als genehmigt und auf dem Grundstück verschoben wurde. Außerdem wurde ein Gewächshaus auf einer Wiese errichtet, die im Bebauungsplänen als „ortsbildende“ Grünfläche gekennzeichnet ist, ebenfalls ohne Genehmigung. Hier stellt sich die Frage, warum solche Kontrollen nicht früher stattfinden? Hat das Landratsamt zu wenig Personal? Dann sollten hier dringend neue Stellen geschaffen werden!
Frechheit siegt? Um das Vorhaben in der gewünschten Weise errichten zu können, hätten die Eigentümer bei der Gemeinde eine „Befreiung vom Bebauungsplan“ beantragen müssen – selbstverständlich VOR Baubeginn. Ob der Bauausschuss bzw. der Gemeinderat einen solchen Antrag genehmigt hätte, ist fraglich aber unter Einhaltung bestimmter Auflagen wäre es nicht gänzlich ausgeschlossen gewesen. Ein solcher Antrag wurde damals aber nicht gestellt – es wurde einfach gebaut. Jetzt ist die Sache aufgeflogen und der Jammer ist groß. Was den Baierbacher Fall so brisant macht, ist auch die Tatsache, dass der Eigentümer als Architekt mit der
Materie bestens vertraut ist bzw. sein sollte.
Siegt also tatsächlich die Frechheit? Einfach drauf los bauen – es wird schon niemand merken und wenn doch, hofft man darauf, dass die Gemeinde alles nachträglich genehmigt?
So scheint es, denn mit der denkbar knappen Mehrheit von 10 zu 9 Stimmen legalisierte der Gemeinderat am 22.2.22 die Schwarzbauten und sendet damit ein fatales Signal aus. Alle ehrlichen Bauwerber, die sich an die Gesetzte und Vorgaben halten und ihre Anträge VOR Baubeginn zur Genehmigung einreichen sind letztlich die Dummen. Zwar wird das Landratsamt ein Bußgeld verhängen. Eine Summe zwischen fünf und zehntausend EUR heißt es. Aber ob solche Summen „Schwarzbauer“ ernsthaft abschrecken können ist aber mehr als fraglich. Wahrscheinlich sind sie als „Nebenkosten“ längst mit einkalkuliert.
Hätte der Gemeinderat die nachträgliche Genehmigung des Schwarzbaus abgelehnt, wäre der Fall beim Landratsamt gelandet. Auf dem Hintergrund der vielen ähnlichen Fälle im Landkreis ist man dort aber wohl etwas vorsichtiger geworden. Jedenfalls gab es Signale, dass das Landratsamt die Baierbacher Schwarzbauten nicht genehmigen würde. Damit hätten diese zurückgebaut werden müssen. Selbstverständlich bleibt den betroffenen Eigentümern dann immer noch der Klageweg vor Gericht. Wie dort dann letztlich entschieden worden wäre, ist nur schwer vorherzusagen.
Wir Grüne haben die nachträgliche Genehmigung abgelehnt. Dabei geht es uns nicht um Bestrafung, sondern darum, dass wir die gemeindliche Planungs- und Gestaltungshoheit konsequent verteidigen. Wozu stecken wir als Gemeinde denn Energie, Zeit und nicht zuletzt auch viel Geld in die Erstellung von Bebauungsplänen, wenn wir am Ende diejenigen, die sich nicht daran halten, einfach durchkommen lassen?
Das von einer CSU Gemeinderätin vorgebrachte Argument, der Gemeinderat wäre bei einer Ablehnung für die möglicherweise entstehenden Gerichtskosten verantwortlich, können wir nicht gelten lassen, zumal der Ausgang eines solchen Verfahrens, wie sie selber auf Nachfrage bestätigte („vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand…“) völlig offen ist. Aber selbst, wenn ein Gericht den Schwarzbau genehmigen würde, wäre dies ein ganz normaler rechtsstaatlicher Vorgang, bei dem die möglicherweise entstehenden Gerichtskosten in den vorangehenden Entscheidungen keinen Einfluss haben sollten.
Anders, als manche Gemeinderäte in der Diskussion behaupteten, war die Debatte unserer Ansicht nach keine „Lehrstunde des Rechts“, sondern das genaue Gegenteil: eine Bankrotterklärung des Gemeinderates und ein fatales Signal an alle Bauwerber. Man braucht kein Prophet zu sein, um vorherzusehen, dass wir uns in Zukunft mit Schwarzbauten eher mehr als weniger auseinandersetzen müssen. Schade!
Johannes Lessing
Gemeinderat und Mitglied des Bauausschusses
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